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Buchrezension: Terézia Mora – Nicht sterben

Eine Reise in die literarische Welt von Terézia Mora

Mit Nicht sterben lädt Terézia Mora ihre Leser zu einer faszinierenden Reise in die Tiefen ihrer literarischen Welt ein. Das Buch basiert auf ihren Frankfurter Poetik-Vorlesungen und bietet damit einen intimen und offenen Blick auf die Entstehung ihres Schreibens. Bereits wenige Monate nach ihrem Gewinn des Deutschen Buchpreises für Das Ungeheuer präsentierte Mora diese Vorträge und zeigt darin, wie sie zu einer der spannendsten deutschsprachigen Autorinnen unserer Zeit wurde. Doch was genau macht dieses Buch so besonders? Und wie habe ich es erlebt?

Das Schreiben als kreativer Überlebenskampf

Was mich besonders angesprochen hat, ist Moras Fähigkeit, theoretische Überlegungen zum Schreiben so lebendig und zugänglich zu vermitteln. Sie beginnt ihre Vorlesungen mit einer persönlichen Anekdote: einem Kinobesuch mit ihrer Tochter, bei dem sie einen Film über eine Steinzeitfamilie sieht, die gezwungen ist, ihre Höhle zu verlassen und sich einer bedrohlichen Außenwelt zu stellen. Dieses Bild beschreibt Mora als Metapher für ihr eigenes Schreiben, das oft inmitten von Unsicherheiten und Störungen entsteht. Dieses Bild hat mich sofort gefesselt, weil es zeigt, wie tief Mora ihre eigene Rolle als Autorin hinterfragt und wie nah sie an ihren eigenen Ängsten und Erfahrungen schreibt.

Ein irreführender Titel, aber eine spannende Reflexion über Literatur

Der Titel Nicht sterben mag zunächst verwirrend sein. Ehrlich gesagt, habe ich auch zuerst gedacht, es handele sich um einen Roman, vielleicht sogar um ein düsteres Werk über Leben und Tod. Doch der Inhalt ist etwas ganz anderes: eine reflektierte, fast schon philosophische Auseinandersetzung mit der Literatur und dem Schreiben selbst. Ein Untertitel wie „Poetikvorlesungen“ hätte dem Buch mehr Klarheit gegeben, denn ohne diesen Hintergrund könnte man leicht die falschen Erwartungen an den Inhalt haben. Auch das schlichte, fast trübe Cover trägt zu diesem Missverständnis bei. Trotz dieser kleinen Irritationen habe ich das Buch als äußerst bereichernd empfunden.

Figuren als fiktive Freunde und enge Begleiter

Besonders faszinierend fand ich Moras Beschreibungen ihrer Romanfiguren. Sie spricht von ihnen, als wären sie reale Menschen – Freunde, die sie teilweise schon seit ihrer Kindheit begleiten. Diese intensive Verbindung zu ihren Figuren, die sie liebevoll als „fiktive Freunde“ bezeichnet, hat mich beeindruckt. Es zeigt, wie tief ihre Geschichten in ihrer eigenen Lebenswelt verwurzelt sind, und wie intensiv sie sich mit ihren Charakteren auseinandersetzt. Dieser enge, fast intime Umgang mit den Figuren spiegelt sich in ihren Romanen wider, die dadurch eine große Tiefe und Authentizität gewinnen.

Der kreative Prozess und die Herausforderungen des Schreibens

Ein weiterer Aspekt, den ich sehr spannend fand, ist Moras Umgang mit den eigenen Begrenzungen und Unsicherheiten. Sie beschreibt, wie sie sich oft in einer Welt voller Störungen und Irritationen wiederfindet, die zwar Herausforderungen darstellen, aber zugleich die Grundlage für ihre kreative Arbeit bilden. Ihr Zitat „Vertraue deiner Methode, aber verliebe dich nicht in sie“ hat mich besonders berührt, weil es zeigt, wie flexibel und offen sie gegenüber dem Schreibprozess ist. Sie bleibt stets bereit, sich selbst und ihre Arbeitsweise zu hinterfragen – eine Haltung, die ich für besonders wertvoll halte, nicht nur im Schreiben, sondern auch im Leben.

Fazit: Ein inspirierendes Werk für Literaturbegeisterte und Schreibende

Insgesamt liest sich Nicht sterben sehr angenehm und kurzweilig. Obwohl es sich um Poetikvorlesungen handelt, wirkt der Ton niemals belehrend oder trocken. Stattdessen schafft es Mora, ihre Gedanken klar, nachvollziehbar und oft mit einem charmanten Humor zu vermitteln. Gerade diese Mischung aus Tiefgang und Leichtigkeit hat mich beim Lesen immer wieder überrascht und begeistert. Das Buch ist nicht nur eine Reflektion über das Schreiben, sondern auch über das Leben und die Herausforderungen, denen man sich stellt, wenn man kreativ arbeitet.

Abschließend kann ich sagen, dass Nicht sterben für mich eine echte Bereicherung war. Terézia Mora gewährt in diesem Buch sehr persönliche und tiefgehende Einblicke in ihre Entwicklung als Autorin und die Herausforderungen, die das Schreiben mit sich bringt. Für alle, die an Literatur interessiert sind oder selbst schreiben, bietet es inspirierende und aufschlussreiche Gedanken. Für mich war es besonders spannend, wie Mora den Prozess des Schreibens als einen Kampf, aber auch als einen Akt des Überlebens beschreibt. Sie zeigt, dass Literatur nicht nur Kunst ist, sondern auch eine Form des Widerstands gegen die Unsicherheiten und Störungen des Lebens.

Wer sich für die Kunst des Schreibens interessiert oder mehr über Terézia Mora und ihr Werk erfahren möchte, wird von diesem Buch sicherlich inspiriert. Es ist ein tiefgründiges und zugleich sehr zugängliches Werk, das dazu einlädt, das eigene Verhältnis zur Literatur und Kreativität zu hinterfragen und neu zu entdecken.

Sandra Doods schreibt als Buchbloggerin unter dem Pseudonym Frau Pastell über Gegenwartsliteratur auf Instagram und ihrem eigenen Blog. Als Doktorandin forscht und schreibt sie aktuell im Bereich Digitalität und Literatur. Sie unterstützt als Lektorin für Abschlussarbeiten Studierende dabei, ihre wissenschaftlichen Arbeiten sprachlich und inhaltlich zu optimieren. Ihr Studium der Fächer Deutsch und Psychologie an der TU Dortmund hat ihr dabei geholfen, ein tiefes Verständnis für die menschliche Psyche und Sprache zu entwickeln, das sie in ihrer Arbeit als Lektorin, Doktorandin und Buchbloggerin einsetzt. Als Teil der Bloggerjury des Literaturpreises "Das Debüt" engagiert sich Sandra Doods aktiv für die Förderung angehender Autorinnen und Autoren und unterstützt diese bei ihren ersten Schritten im Literaturbetrieb. In ihrer Freizeit liest Sandra Doods vor allem psychologische Romane und klassische Krimis. Neben ihrem literarischen Interesse beschäftigt sie sich mit der Programmierung von Apps und interessiert sich für interdisziplinäre Themen, insbesondere für die Verbindung von Literatur, Psychologie und Digitalität.

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